[von Franz]
Vom 5.-7. Oktober 2018 fand der Junior European Cup (JEC) in der Schweiz statt. 3 Wettkämpfe standen auf dem Programm: eine Sprintstaffel, eine Mittel- und eine Langdistanz, die als sogenannte „One-Men-Relay“ mit Massenstart ausgetragen wurde. Dieses Jahr durfte auch ich im deutschen Nationaltrikot starten und somit das erste Mal bei den Junioren international antreten. Im Folgenden erzähle ich etwas von meinen Eindrücken und Erlebnissen.

Gemeinsam als 16-köpfiges Juniorenteam absolvierten wir am Mittwoch und Donnerstag vor dem „scharfen“ JEC-Start noch zwei Wald-Trainingseinheiten, in denen wir uns an das Schweizer Gelände gewöhnen konnten. Im Mitteldistanz-relevanten Wald lag für mich dabei das Augenmerk eher darauf, die richtige Technik zu finden, um die physischen Kräfte etwas zu schonen.

Im Teamhotel in Villars-sur-Ollon kam am Abend für mich dann das erste Mal richtig JEC-Stimmung auf. Beim Abendessen saßen alle teilnehmenden Nationen in Kaderbekleidung um ihre Tische und wenn man sich vorsichtig umschaute, konnte man schon einige bekannte OL-Größen aus vergangenen JWOC-Livestreams oder EYOCs entdecken. Beim abendlichen Teammeeting erfuhren wir von Chrafti und Karsten den Zeitplan des nächsten Tages und einige wenige Details des Wettkampfgebietes, welche die Veranstalter beim Teamleadermeeting verraten hatten. Mit den zusätzlichen Informationen konnten wir uns ein grobes Bild machen, wo der Zielbereich und die Quarantäne sein würde. Nachdem wir am Abend im Zimmer nochmal gemeinsam mit dem „Googleauto“ durch das Sprintgelände gefahren waren und auf der alten Karte die Region um das vermeintliche Zielgelände näher untersucht hatten, kehrte Ruhe ein.

Den Vormittag vor der Sprintstaffel nutzte unser Team noch für ein kurzes Warmlaufen auf einer separaten Sprintkarte, die an das Wettkampfgelände grenzte. Es galt sich an den Kartendruck zu gewöhnen und vielleicht ja sogar mal einen Ausblick ins Wettkampfgebiet zu erhaschen. Vier Stunden vor meinem eigentlichen Start als 3. Läufer bekam ich schon einen ziemlich flauen Magen vor Aufregung. Eine Sprintstaffel bin ich vorher noch nie auf internationalem (Junioren-) Niveau gelaufen. Man ist zudem nicht nur für sich verantwortlich, wenn etwas schief läuft. Eineinhalb Stunden vor dem Massenstart ging es dann in einer langen Schlange für alle rund 250 JuniorInnen zur Handy-freien Quarantäne. Aus dieser heraus bekam man außer ein paar akustischen Signalen vom wohl recht spektakulären Massenstart der 64 Juniorenteams nichts mit und man konnte den Ziel- und Wechselbereich auch nicht einsehen. Ca. 15 Minuten vor meinem Start ging es für alle 3. Läufer aus der Quarantäne in den Wechselgarten. Die Aufregung verwandelte sich dort langsam in Anspannung und Konzentration bis mich Ric endlich ins „Gelände“ schickte. Meine Bahn im touristisch geprägten Bergdorf ging am Anfang auf drei längeren Verbindungen einige Höhenmeter den Berg hinauf, bevor es nach einer Schlaufe über einige Routenwahlen wieder zum Sichtposten bergab ging. Die Schlussschlaufe war sehr unübersichtlich und lag teilweise direkt über der Verbindung zum Sichtposten. Einigen Teams unterlief hier das Missgeschick des verfrühten „Überspringens“ auf den falschen Bahnabschnitt sodass sie sich am Wechsel statt am Sichtposten wiederfanden, so leider auch einem deutschen (wer bleibt anonym) - und das genau vor der Livestream-Kamera im Zieleinlauf :-/. Ich erwischte einen sehr sauberen Lauf, musste am Ende aber läuferisch einige Federn lassen. Dennoch habe ich mit meiner ausbaubaren läuferischen Form wohl das Maximum herausgeholt. Am Ende steht ein 37. Platz mit dem 3. deutschen Team.

Am Samstag fand dann die Mitteldistanz statt. Nach einem späten Frühstück ging es um 11 Uhr mit dem Auto von unserer Unterkunft in die Quarantäne. Auf der Autofahrt überprüften wir nochmal unsere Erwartungen hinsichtlich der Zielarena, die wir im Steinbruch am Wettkampfhang von der Ferne entdecken konnten. Über eine Stunde vor meiner Startzeit wanderte ich auf den 3km und 300 Höhenmeter langen Weg zum Start los. Mir war es ganz recht, dass der Start ganz oben im Hang lag, Downhill-OL fand ich mindestens mental angenehmer als Uphill… Direkt vor dem Start konnte ich zusätzlich zum Warmlaufen noch die Warm-Up-Karte testen, um die Größe der Steine, die Belaufbarkeit der Grünstufen und die Größe der Wege mit meinen Erfahrungen aus den Trainings abzugleichen. Schließlich stürzte ich mich mit dem Vorsatz zunächst mal einfache und sichere Routen zu wählen konzentriert in den steilen Hang. Das Tempo war von Anfang an sehr hoch. Nach einer langen Routenwahl, bei der ich mich leider für die langsamste Variante entschied, wurde es schnell knifflig. Der steinige, zumeist sehr steile und gleichzeitig grüne Hang erschwerte das Laufen so sehr, dass ich wenig Zeit fand auf der Karte Routen vorzuplanen. So ging es oft in stop'n‘go Manier von Posten zu Posten. Andererseits gelang es mir so aber, meine Fehler sehr klein zu halten. Zusammenfassend musste ich erkennen, dass ich das schnelle Querlaufen in einem so motorisch anspruchsvollen Gelände noch nicht ausreichend gut beherrsche. Ich verliere läuferisch zu viel Zeit und mache mir gleichzeitig auch noch das Orientieren schwerer. Es bleibt nach 35:30 min ein für mich zufriedenstellender 37. Platz (+11:06 min).

Am Sonntag ging es zum krönenden JEC-Abschluss mit der Zahnradbahn auf 1800 m ü.N.N. zur Langdistanz. Ich freute mich auf den Wettkampf mit hoffentlich spannenden Routenwahlen und jeder Menge Gegnerkontakt, zumal sich auch die Wetterprognose von Schneeregen inzwischen auf kaltes aber trockenes Wetter geändert hatte. Im Vorfeld war uns eine alte Kartenversion bekannt, sodass wir wussten, dass das Gelände halboffen und deswegen sehr schnell sein würde. Gleichzeitig sollte es aber auch knifflig werden, denn es gab viele sehr feine Geländestruktur und Felswände. Wie genau diese „One-Man-Relay“ ablaufen sollte, blieb aber ein Rätsel bis zum Massenstart.
Eine halbe Stunde vor meinem Start sahen wir erstmals den großen Kartenwechselgarten. Für die M20 hingen 2 Karten da und eine Reihe lag schon auf dem Boden bereit für den Massenstart – es gab also drei Schlaufen, die letzte dann ins etwas entfernte Ziel. Um 10:00 ging es für mich und über 60 anderen H20er schließlich los. Wie es sich für einen Massenstart gehört, war das Tempo extrem hoch. Gleich der erste Posten war ein Gabelposten. Diesen fand ich nach kurzer Unsicherheit noch ganz gut und es tat gut zu sehen, dass mir von vorne sogar Schweden und Schweizer wieder entgegenkamen. Leider gab mir das im Folgenden nicht die erhoffte Sicherheit und mir misslangen einige Posten gewaltig. Ich fand nicht in mein eigenes Tempo, um nur meine Gabelposten sicher anzulaufen. Nach einer schwammigen ersten Schlaufe war die zweite nicht viel besser: Posten, an denen ich in der vorherigen Runde schon war, fand ich nicht mehr sicher und auch die anderen waren selten dort, wo ich sie vermutete. So war ich nach der zweiten Runde und nicht einmal der Hälfte der Distanz schon ziemlich allein unterwegs und körperlich durch das hohe Tempo ziemlich erschöpft. In der dritten Runde und mit weniger Gegnerkontakt kam ich endlich in mein Rennen und wendete sichere Techniken des Vortages an, investierte wenige Stehsekunden, ordnete zu und rannte sicher zum nächsten Zwischenstopp. So kam ich im sehr feingliedrigen Teil der Karte besser zurecht. Die dritte Schlaufe war nun geprägt von drei langen Schlägen mit mehr oder weniger komplexen Routenwahlen. Hier galt es vor allem das Tempo auf dem ruppigen und kräftezehrenden Untergrund hoch zu halten.  Kaum war ich aber von den drei langen schnellen Posten wieder zurück im feinkuppierten Gelände, verpasste ich den Moment des Tempowechsels und rannte wieder viel zu schnell hinein. Sofort wusste ich nicht mehr wo ich genau bin und verlor abermals zwei Minuten. Zum Abschluss gab es nochmal eine richtig schöne Routenwahl über 1,5 km zum Ziel. Diese sollte später zum eigentlichen Aufreger des Tages werden. Ein Sperrgebiet auf der Karte mit da durch laufendem dicken Fahrweg wurde von fast einem Drittel der Wettkämpfer missinterpretiert (der Weg als mögliche Passage angesehen). Dazu kam sicher der „Gruppenzwang“ bei der finalen Postenverbindung eines Massenstartrennens und der da nicht mehr ganz so klare Kopf… Im Angesicht des dramatisch hohen Anteils an drohenden Disqualifikation haben die WK-Leitung und die Teamleiter ad-hoc beschlossen, den Wettkampf anders zu werten. Nach langer Diskussion wurde niemand disqualifiziert, sondern der vorletzte Posten als Zielstempel festgelegt. Eine Lösung, die ich (und viele andere) mit etwas Abstand sehr kritisch sehe. Meine gut (und regelkonform!) ausgeführte Routenwahl und damit ein besserer Platz wurde nicht mehr berücksichtigt. Aber unabhängig davon kann ich mit meinem Lauf nicht zufrieden sein. Es war motorisch mindestens so anspruchsvoll wie die Mitteldistanz nur auf größerer Höhe und bei höherem Tempo.
Trotzdem war der JEC insgesamt für mich ein sehr gelungener Wettkampf. Ich habe meine ersten Erfahrungen bei den Junioren sammeln dürfen und hatte viel Spaß in wunderbaren Geländen. Natürlich wurden mir auch klar meine Grenzen im motorischen und physischen Bereich aufgezeigt. Vor allem dort gilt es im Wintertraining einiges nachzuholen, denn was motorisch für deutsche Wälder völlig ok ist, reicht in der Schweiz nur für einen Dauerlauf in den wunderschönen Alpen.

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